Interview, das ich mit Eva-Ruth Landys über das Thema Liebesszenen geführt habe

Lea Korte:  Deine Trilogie “Stadt der Schuld” wird vom Verlag und Kritikern als erotischer Gesellschaftsroman bezeichnet. Wie viel Erotik darf, wie viel Erotik muss in einen Roman hinein, der diesen Namen verdient? Und wie weit darf die Erotik gehen?

Eva-Ruth Landys: Ja, die Trilogie hat starke erotische Anteile. Das liegt daran, dass ich nicht nur verstehen wollte, was es mit der sehr komplexen Welt der Victorianer auf sich hat, sondern dass ich mich intensiv mit der Bedeutung von Sexualität auseinandergesetzt habe.

Das wichtigste Kriterium ist wohl: Ein erotischer Roman ist nie(!) pornographisch, wenn auch manchmal raue Dinge geschildert werden. Das ist etwas, was heute in der sogenannten erotischen Literatur oft außer Acht gelassen wird. Ein erotischer Roman sollte den Appetit anregen und das auf eine subtile Weise. Dazu gehört auch, dass man sich seinen Figuren mit Respekt nähert, dass man ihnen ihre Geheimnisse und ihre Privatheit trotz aller Nähe lässt. Am besten fragt man sich selbst, was man interessanter findet: Platte nackte Tatsachen, oder aber das gekonnte, reizvolle Spiel der Verführung?

Ein weiterer wichtiger Aspekt für mich ist: Die geschilderten sexuell geprägten Szenen sollten klar um der Handlung willen stattfinden und nicht um der bloßen Befriedigung der vermuteten erotischen Gelüste des Lesers willen. Manche Autoren, besonders amerikanische, die oft etwas formelhafter als europäische Autoren ihre Storys bauen, schreiben nach letzterem Schema. Ich finde, das merkt man den Geschichten an. Es wirkt dann oft etwas gewollt und Kochrezept-mäßig und schon ist die Stimmung dahin – bei mir zumindest. Ich sehe es so: Die Story muss durch die sexuelle Handlung wirklich vorangetrieben werden, ja, ohne das Geschehen könnte sich die Geschichte nicht weiterentwickeln. Dann ist es wirklich spannend und man geht als Leser voll mit. Das erfordert natürlich einen gut geplanten Plot.

Lea Korte: Ich weiß, dass du uns eine Leseprobe aus deinem neuen Roman mitgebracht hast. Können wir Sie jetzt lesen? Wann und unter welchem Titel erscheint dieser Roman?

Eva-Ruth Landys: Dabei handelt es sich um den Prolog aus „Stadt der Schuld“, das jetzt ganz aktuell in der ersten Septemberwoche 2013 erschienen ist beim Bookspot – Verlag, einem literarisch sehr engagierten Spartenverlag, der damit nun schon meinen dritten Roman verlegt. Der erste Roman der Trilogie heißt „Die dritte Sünde“. Dann folgt noch „Wege nach Eden“. [unten der Auszug, vom Prolog und aus einem Kapitel des Buches]

Lea Korte: Hast du ein paar besondere Tipps für angehende Autoren, wie man am besten solche Szene angeht? Und welches sind die Fehler, die einem auf keinen Fall unterlaufen dürfen? Was zeichnet einen guten Erotikroman aus?

Eva-Ruth Landys: Bleiben wir einfach kurz bei dem Beispiel aus „Stadt der Schuld“. Wie man sieht, eine recht krasse SM-geprägte Szene, die den Leser, so hoffe ich, mit einem Fragezeichen zurücklässt und vielleicht auch ein wenig verstört. Erst im Verlauf des Romans wird klar, wer hier mit wem zugange war, und warum. Vor allem, wie er sich dabei fühlt – und das ist nicht gerade gut, das kann ich schon verraten ;-). Doch eines wird hier schon deutlich: Weniger als die sexuelle Handlung selbst spielt es für den Eindruck von der Szene eine Rolle, was in der Köpfen der Handelnden dabei vor sich geht. Sex findet eben nun mal hauptsächlich im Kopf statt und das gilt es herauszuarbeiten, um einer Szene die entsprechende Würze und den nötigen Duktus zu geben. Diese Szene hier hat zum Beispiel einen bestimmten Dreh am Schluss. Empfindet man den Mann zunächst(erwartungsgemäß) als brutalen Täter, wird zum Schluss angedeutet, dass er eigentlich mehr das Opfer ist, zumindest leidet er unter dem, was er da tut, vielmehr, was da mit ihm passiert. Er fühlt sich seiner Lust ja geradezu hilflos ausgeliefert.

Ich sehe es so: Ein guter Erotikroman setzt eben gerade nicht platt auf Sex. Viel wichtiger ist es, die Figuren glaubhaft und plastisch werden zu lassen. Was treibt sie an? Warum handeln sie, wie sie handeln? Wie fühlen sie sich sonst in ihrem Leben? Nur dann, wenn dem Leser das klar wird, kann er sich ganz in die Situation hineinfühlen und somit auch in die Erotik. Interessant ist auch ein weiterer Aspekt mit dem ich bei der Trilogie oft spiele: Was beim einen richtig sein kann, kann beim anderen genau das Falsche sein. Das lässt sich in vielen Feldern durchexerzieren und ist letztlich eine Frage der … nennen wir es ruhig so … moralischen Wertung. Ehebruch, Homosexualität, sexuelle Neugier und … und … und, entscheidend ist die Haltung der Figuren und ihre Motivation in der Situation. Die bloße unmotivierte Schilderung von sexuellen Handlungen ist dagegen nichts weiter als Pornographie.

Leseproben: Weg nach Eden - von Eva-Ruth Landys

Prolog

Rüde griff er nach dem zarten Stoff ihres Untergewandes und riss es mit einem kräftigen Ruck entzwei. Ihre Brüste wurden sichtbar – jugendliche Straffheit mit hart aufgerichteten rötlichen Spitzen. Ihr Mund öffnete sich, einer blutigen Höhle gleich, und sie begann zu schreien. Er spürte, wie seine Lust machtvoll die Herrschaft über ihn errang, einmal mehr seinen kühlen Verstand verdrängte. Seine Hand umschlang rasch ihre Kehle und drückte zu. Der kaum gehörte Schrei verkümmerte augenblicklich zu atemlosem Röcheln. Verlangend leckte er sich die Lippen. Seine Männlichkeit ragte steil auf, schmerzte fast in der unsäglichen Gier. Ein weiterer Ruck an dem hauchdünnen Gewebe und auch ihre Scham lag frei vor ihm, wölbte sich leicht im Zentrum ihrer geschwungenen Hüften, die übersät waren von den bläulichen Malen seiner früheren Schläge. Er griff nach dem ledernen Gurt, der ein wenig breiter war als der, mit dem er zuvor ihre Handgelenke an einen der Pfosten des baldachinbekrönten Bettes gebunden hatte. Sie wand sich hin und her unter ihm in Erwartung der Schläge, die nun unweigerlich erfolgen würden – doch sie würde ihm nicht entfliehen und sie würde auch nicht mehr schreien. Sie wusste, was er von ihr erwartete. Der erste Schlag, dann schnell aufeinanderfolgend der zweite, dritte, vierte schwere Hieb! Ihr Körper hob sich ihm gepeinigt entgegen – offenbarte die blutunterlaufenen Spuren seiner Gewalttätigkeit. Er war sich sicher: Bald würde sie so weit sein. Schon ging ihr Atem heftig und stoßweise, zuckte und reckte sich ihr Unterleib nach seinem aufragenden Glied. Die tiefrote Spalte ihrer Vagina glänzte jäh auf in ihrem Schoß, den sie ihm nun weit öffnete. Keuchend warf er den Gurt fort, krallte grob beide Hände in ihre Brüste und drang schnell in sie ein. Es kostete ihn alle Mühe, sich nicht sofort zu ergießen. Seine Erregung war unglaublich groß. Doch das würde sie ihm später sicher wieder vorwerfen. Er hasste die Verächtlichkeit, mit der sie für gewöhnlich mit ihm sprach und doch reizte ihn ihre Lust bis zum puren Wahnsinn. Er spürte, wie das Blut in seinem Kopf pochte – die Bewegung seiner Lenden, ein hartes, rhythmisches, gleichsam stählernes Drängen. Zum Teufel! Er konnte nicht, vermochte nicht, noch länger zu warten …